Ludger Fischer,
Bodo Ebhardt – Versuche baukünstlerischer Denkmalpflege. Restaurierungen,
Rekonstruktionen und Neubauten von Burgen, Schlössern und Herrenhäusern von
1899 bis 1935, (Veröffentlichungen der Deutschen Burgenvereinigung, Reihe A:
Forschungen, Band 13) Braubach 2010, 272 S., zahlreiche S/W-Abb. und Ill.
Der
durch die Restaurierung von Burgen bekannt gewordene Architekt Bodo Ebhardt
(1865-1945) reiste im April 1915 auf Einladung Kaiser Wilhelms II. durch das
besetzte Nordfrankreich und Belgien, um mittelalterliche Wehrbauten in
Augenschein zu nehmen. Er vermaß einige Tage lang Château de Coucy in der Nähe
der Front, wo ihn der Kaiser besuchte. Später unternahm Ebhardt im kaiserlichen
Kraftwagen einige Besichtigungen. Monarch und Architekt standen seit der
Rekonstruktion der Hohkönigsburg (Haut-Koenigsbourg), die zwischen 1899 und
1908 als Monument der deutschen Herrschaft im Elsass ausgeführt wurde, in
näherem Kontakt. Ebhardt schilderte seine Reise umgehend in einem Buch, in dem
burgenkundliche Abschnitte und oberflächliche Notizen zu Sehenswürdigkeiten
neben gefühligen Schilderungen des Krieges aus Besatzerperspektive stehen. Er
lieferte Kriegspropaganda und forderte die „allein heilbringende Stärkung der
deutschen Kaisermacht“.[1]
Ebhardts Buch erhellt die ideologischen Hintergründe seines Interesses an
mittelalterlicher Wehrarchitektur. Bereits 1892 hatte er in einem Vortrag vor
dem „Alldeutschen Verband“ deutsche Burgruinen als schmachvolle Mahnung zur
nationalen Einigung bezeichnet (246-247; 233). Im März 1917 sprengten die
deutschen Truppen den einzigartigen, über 50 Meter hohen Donjon von Coucy, was
Ebhardt in seiner Zeitschrift „Der Burgwart“ willfährig als militärisch
unvermeidlich rechtfertigte (248).
Die
amerikanische Historikerin Barbara Tuchman beginnt ihren Bestseller „Der ferne
Spiegel“ mit einem Blick von der Burg von Coucy, um ihre Leser auf das
gewalttätige 14. und 15. Jahrhundert einzustimmen.[2]
Ein schriftstellernder Biograf hätte sich die Coucy-Episode von 1915 als
Einstieg in die Lebensgeschichte Bodo Ebhardts kaum entgehen lassen. Ebhardts
Reisebericht verströmt die bedrückende Atmosphäre von Unterwürfigkeit unter die
Autoritäten und Selbstüberhebung gegenüber den Wehrlosen wie sie Heinrich Manns
Epochenroman „Der Untertan“ (1914) protokolliert. In der Coucy-Episode
kristallisieren sich Ebhardts völkischen, militaristischen, expansionistischen
und professionellen Wunschvorstellungen. Er muss sich in den Apriltagen 1915
der Erfüllung seiner Wünsche nahe gefühlt haben.[3]
Das
vorliegende Buch vermeidet den biografischen Ansatz. Die „biografischen Notizen
zu Bodo Ebhardt“ (228-231) beschränken sich auf knappe, zum Teil tabellarische
Angaben zu Ausbildung, Familie und beruflichem Werdegang. Das kommentierte
Schriftenverzeichnis ist ungleich umfangreicher. Neben Ebhardts verstreut
publizierten Texten sind auch einige unpublizierte Manuskripte aufgeführt
(232-256). Es geht nicht um Ebhardt als Person, sondern um den exponierten
Vertreter einer Strömung der deutschen Architektur im frühen 20. Jahrhundert,
die den unmittelbaren Kontakt mit historische Bauten suchte. Durch
Restaurierungen bzw. Rekonstruktionen von Burgen kam Ebhardt dabei in Berührung
bzw. Konflikt mit der Denkmalpflege. Seine Tätigkeit eignet sich hervorragend
für eine Untersuchung der Problemsituation der deutschen Architektur und
Denkmalpflege des frühen 20. Jahrhunderts. Er stand mit den wichtigen
Persönlichkeiten seiner Zeit in Verbindung, publizierte umfangreich und seine
Bauten sind ebenso weitgehend erhalten wie sein Nachlass im Archiv des
europäischen Burgeninstitutes in Braubach am Rhein.
Nach
der Einleitung (9-16) und dem Forschungsstand (16-18) werden als Herzstück des
Buches Ebhardts Restaurierungen, Rekonstruktionen und Neubauten von Burgen und
verwandten Bauten in einem Werkkatalog verzeichnet (18-153). 25 chronologisch
aufgeführte Gebäude werden ergänzt um exemplarische Besprechungen nicht
realisierter bzw. ihm fälschlich zugeschriebene Projekte für Burgen, Schlösser
und Herrenhäuser (154-167) sowie den Entwurf für das Bismarckdenkmal in
Bingerbrück (163-164). Die Bauprojekte werden unter Rückgriff auf Ebhardts
Nachlass behandelt. Hinzu kommen lokale Archive und, bis auf wenige Ausnahmen,
die eingehende Autopsie der Bauten. Um wie viel Material es geht, wird klar, wenn
man die drei größten Burgenbauprojekte Ebhardts nennt: die Wiedererrichtung der
Hohkönigsburg, die Überarbeitung der Veste Coburg 1911-1925 und den über
Jahrzehnte hin unternommenen Ausbau der Marksburg am Rhein, Sitz der von
Ebhardt gegründeten Burgenvereinigung.[4]
Unterschiedlich lange Texte bilden jeweils eine Baumonografie in nuce, um die
Rahmenbedingungen für das Eingreifen Ebhardts zu charakterisieren. Leider sind
die Architekturfotografien der Gebäude von Ingo E. Fischer (nicht mit dem Autor
verwandt), die den ästhetischen Reiz der Bauten einfangen, zu klein abgebildet.
Zu einigen der wichtigsten Bauten liegen Veröffentlichungen vor. Doch bietet
erst der umfassende Überblick über Ebhardts Tätigkeit die Möglichkeit zu einer
vergleichenden Argumentation.
Den
zweiten Hauptteil der Arbeit bildet der Abschnitt zu den „Motiven für den
Burgenbau im 19. und 20. Jahrhundert“ (170-217), dem als Zusammenfassung ein
Kapitel zur „richtigen Nachahmung“ mittelalterlicher Architektur folgt, in dem
Ebhardts „Stil“ behandelt wird (222-227). Ebhardt propagierte seine vor allem
in der Diskussion um die Hohkönigsburg entwickelten Grundsätze im Umgang mit
der historischen Bausubstanz als denkmalpflegerisch. Unter Erhaltung der
originalen Substanz nähme er nur wissenschaftlich begründete Ergänzungen vor,
die durch die Suche nach historischen Dokumenten, eine sorgfältige Bauaufnahme,
archäologische Grabungen und durch Analogie mit regional und zeitlich
verwandten Bauten gerechtfertigt seien. Ergänzte Bauteile würden durch Steinmetzzeichen
als solche erkennbar bleiben. Abgesehen davon, dass Ebhardt je nach Auftrag
teilweise oder ganz auf solche Maßnahmen verzichtete, war schon Zeitgenossen
klar, dass es illusorisch ist, auf solchen Grundlagen alle relevanten baulichen
Fragen zu entscheiden. Ebhardt bemühte sich hingegen um den Anschein, über
Expertenwissen zu verfügen, das jeden Irrtum ausschloss.[5]
Ebhardts bauliche Formensprache kann man für die Restaurierungen bzw.
Rekonstruktionen von Burgen und Schlössern - und entsprechend modifiziert für
die neu errichteten Bauten dieser Gattungen - als reformorientiert
charakterisieren.[6] Er arbeitete unter
weitgehender Beschränkung bzw. Vermeidung von Ornamenten und funktional unter
Zugrundelegung der Wehrtechnik der jeweiligen Zeitstufe, die für die
Restaurierung des Gebäudes oder Bauteils zugrunde gelegt wurde. In
gestalterischer Hinsicht war er vor allem an der Verteilung von Massen und der
Beschaffenheit von Oberflächen interessiert, wobei er den umgebenden
Landschaftsraum berücksichtigte. Seine Haltung kann man allerdings nicht im
Sinne der modernen Architektur missverstehen. Ebhardt war stärker der
nationalistisch geprägten Heimatschutzarchitektur verbunden, d.h. den baulichen
Vorstellungen einer Bewegung, die man treffend mit dem Begriffspaar
„Antimodernismus und Reform“ charakterisiert hat.[7]
Die
architektur- bzw. denkmalpflegetheoretische Position Ebhardts wird durch die
Gegenüberstellung seiner „Freunde“ mit seinen „Feinden“ bezeichnet (177-197).
Positive Beziehungen bestanden etwa mit Albert Hoffman, dem langjährigen
Herausgeber der Deutschen Bauzeitung, Graf Hans Wilczek, Wiederhersteller der
Burg Kreutzenstein bei Wien, oder Alois Riegl, der eine Publikation von Ebhardt
wohlwollend besprach. Entschiedener Gegner war der Burgenkundler Otto Piper,
mit dem Ebhardt ein intensiver persönlicher Zwist verband. Um Ebhardt in die
Tradition einzuordnen, werden im Kapitel zu den Motiven für den Burgenbau im
19. und 20. Jahrhundert seine „Vorläufer, Mitstreiter und Nachhut“ besprochen
(198-208). Hier wird die Entwicklungslinie von den historistischen
Burgenrestauratoren Karl Alexander Heideloff (1789-1865) und Eugène
Viollet-Le-Duc (1814-1879) bis zu den heimatschützerischen Ernst Stahl
(1882-1957) und Rudolf Esterer (1879-1965) gezogen. Die Abschnitte sind
Probebohrungen in ergiebigem Gestein. Interessant wäre es, das Verhältnis von
Ebhardt zu Paul Schultze-Naumburg näher zu beleuchten. Immerhin baute letzterer
in den Jahren 1914-17 für den hohenzollerschen Kronprinzen Schloss Cecilienhof
in Potsdam. Für diesen Auftrag fühlte sich Ebhardt sicherlich ebenso berufen,
nachdem er 1912-13 im „Burgwart“ in mehreren Artikeln zur Theorie des modernen
Schlossbaus veröffentlicht hatte (245).[8]
Die
Untersuchung füllt eine Leerstelle im historischen Puzzle der
traditionalistischen Architekturgeschichte und frühen Denkmalpflege in
Deutschland. Das erweist etwa der Blick auf die bewegte Diskussion um die
Rekonstruktion bzw. den Wiederaufbau der Burg Altena im westfälischen
Sauerland, die bei Fischer nicht behandelt wird. Neben der Hohkönigsburg war
dies eines der denkmalpflegerischen Aufreger-Themen vor dem Ersten Weltkrieg.[9]
Aus Anlass der 300-jährigen Zugehörigkeit der Grafschaft Mark zu
Brandenburg-Preußen im Jahr 1909 sollte die als Stammburg der Hohenzollern
angesehene Burgruine in Altena wieder aufgebaut werden. Ebhardt hatte für den
Industriellen Gustav Selve bereits im Frühjahr 1903 eine Kostenabschätzung für
die Restaurierung der in Teilen erhaltenen Burg erstellt.[10]
1906 begann man die Gelder für den Wiederaufbau zu sammeln. Obwohl sich Ebhardt
im Januar 1906 um den Auftrag bewarb, kam jedoch der Aachener
Architekturprofessor Georg Frentzen zum Zuge. Die enorme Steigerung der Kosten
bei der Hohkönigsburg mögen ein Grund gewesen sein. Nachdem unter der organisatorischen
Leitung des ehemaligen Landeshauptmannes der Provinz Westfalen und des Altenaer
Landrates Fritz Thomée die Spendensammlung begonnen wurde, initiierte der
Hagener Industrielle und Sammler Karl Ernst Osthaus zusammen mit Hermann
Ehrenberg, Professor für Kunstgeschichte in Münster, eine denkmalpflegerische
Gegenkampagne. Sie wollten die Zerstörung der alten Bausubstanz durch die
weitgehende Überbauung verhindern. In der öffentlich geführten Diskussion
tauchten die gleichen Argumente auf wie einige Jahre zuvor im Zusammenhang mit
der Hohkönigsburg. Georg Dehio, der sich als Professor der Straßburger
Universität bei der Diskussion im Elsaß zurück gehalten hatte, unterstützte die
Gegner der Burgenrekonstruktion.[11]
Der tapfere Landrat forderte im Laufe der Auseinandersetzungen den Münsteraner
Professor sogar zu einem Duell heraus. Dazu kam es glücklicherweise nicht. Die
öffentliche Diskussion endete, nachdem sich Kaiser Wilhelm II. in einer Audienz
der Befürworter der Restaurierung zu ihren Gunsten entschieden hatte. Der
Kaiser war grundsätzlich restaurierungsfreundlich, hatte sich in diesem Fall
zudem vorab von Ebhardt in einem privaten Gutachten informieren lassen. Damit
war das Schicksal der Burgreste besiegelt. Die Kritik hatte die Spendensammlung
jedoch behindert, so dass man mit den Baumaßnahmen erst 1909 beginnen konnte.
Im
Hinblick auf die immer wieder aktuelle Diskussion um
Restaurierung/Rekonstruktion von Baudenkmälern ist aufschlussreich, dass der
Dissenz zwischen Befürwortern und Gegnern von beiden Seiten völlig hellsichtig
beschrieben wurde. Ein Befürworter formulierte: „Auch die Archäologen und
Konservatoren, die Amtsgenossen von Herrn Professor Ehrenberg, die er in großer
Zahl aufgeboten hat und die in einer neuesten Kundgebung einen wahren Rachechor
berühmter Männer anstimmen, sind in Fällen, wie der hier vorliegende, nicht zu
hören, weil kein ausschließlich wissenschaftlich-ästhetischer, sondern auch ein
aktuell vaterländischer Zweck vorliegt. Für diesen genügt ein Stützen alter
Mauerreste oder ein Konservieren spätmittelalterlicher Notgebäude von
kümmerlicher Struktur keineswegs.“[12]
Dies
ist das Argument aller Befürworter von weitgehenden Rekonstruktionen. Es wird
noch heute verwendet, auch wenn vaterländische Zwecke durch löbliches Bemühen
um Identitätsstiftung, kulturelle Leuchttürme oder Geschichtsbewusstsein
ersetzt sein mag.
Der
erste Bauabschnitt bei der Rekonstruktion von Burg Altena dauerte bis 1916.
Neben der ersten ständigen Jugendherberge der Welt nahm die Burg auch die
Sammlungen des Vereins für Orts- und Heimatkunde auf, die von Landrat Thomée um
wichtige Kunstwerke und Werke der Angewandten Kunst erweitert wurden, um den
neuen Räumlichkeiten gerecht zu werden.[13]
Dies deutet auf einen weiteren Kontext traditionalistischer Architektur hin. In
Burg Kreutzenstein bei Wien, die Ebhardt während der Restaurierung besuchte,
befindet sich noch heute die durch Graf Wilczek zusammen getragene Sammlung.
Auch auf der Hohkönigsburg wurde ein kulturgeschichtliches Museum eingerichtet,
das von Ebhardt bestückt wurde.[14]
Mehrere Auftraggeber Ebhardts sammelten selbst, um ihre herrschaftlichen Räume
zu füllen, etwa Willibald von Dirksen, der einige Jahre Vorstandsmitglied der
Burgenvereinigung war und der zum Kreis der von Wilhelm Bode betreuten Berliner
Sammler zählte (70-71).[15]
So wie die Bauten die Kontinuität einer jahrhundertealten Herrschaft
suggerierten (52), so wurde das Innere mit „zeithaltigen“ Objekten gefüllt.
Ebhardts
Restaurierungen sind längst ebenso wie Frentzens Burg Altena, die 2007 vom
Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien zum Kulturdenkmal von
nationaler Bedeutung erklärt wurde, Denkmale der Denkmalpflege. Die
Untersuchung zu Ebhardt als Burgenbauer zeigt, wie lehrreich es sein kann,
gegen den Strom der Geschichtsschreibung der architektonischen Avantgarde zu
schwimmen. Sie ist in Gefahr, zu einer Wohlfühl-Architekturgeschichte zu
werden, wenn man die Ernsthaftigkeit, Macht und Befähigung ihrer Gegner
verkennt. Das gilt ebenso für eine affirmative Geschichte der Denkmalpflege.
Sicher, bereits bei der Institutionalisierung der Denkmalpflege sind die
theoretischen Fundamente für die Bewahrung von Bausubstanz und den
Ensemble-Schutz gelegt worden. Doch die Grundsätze sind in der Praxis immer
aufs Neue bedroht, wenn machtvolle Interessen ins Spiel kommen. Bodo Ebhardt
bewegte sich in der Weimarer Republik in einem einflussreichen und wohlhabenden
gesellschaftlichen Milieu, das ihm noch Aufträge sicherte, als sich Kaiser
Wilhelm II. längst im Exil befand.
Ein Buch ist dann gelungen, wenn es die schwierige Arbeit
bewältigt, Material und Argumente reichhaltig, übersichtlich und anregend
auszubreiten. Das vorliegende Buch verlockt im unmittelbaren Anschluss an die
Lektüre, weitere Kontexte zu erschließen und regt unmittelbar zu neuen Fragen
an, ein deutlicher Indikator seiner wissenschaftlichen Fruchtbarkeit.
Thomas Fusenig
Aus: Zeitschrift
für Kunstgeschichte, Bd. 76 (2013), H. 3, S. 433-437.
[1] „Krieg und Baukunst in Frankreich und Belgien“,
Berlin 1915, Zitat S. 44.
[2] Auf den letzten Seiten des Buches greift Tuchman den
Erzählfaden wieder auf und vermerkt die militärisch unsinnige Sprengung des
Donjons; Barbara Tuchman, Der ferne Spiegel. Das dramatische 14. Jahrhundert,
München (1978) 61986, 19, 526-527; vgl. Tuchmans lesenswerten
Empfehlungen für erfolgreiche Geschichtsschreibung: In Geschichte denken,
Düsseldorf 1982, 54-60 (Der Historiker als Künstler).
[3] Vgl. Bodo Ebhardt: Deutsche Burgen als Vorbild, in:
Das Eiserne Buch. Die führenden Männer und Frauen zum Weltkrieg 1914/15 nebst
interessanten Schlachtenschilderungen, Erzählungen, Gedichten Dokumenten usw.,
hg. von Georg Gellert, Hamburg 1915, S. 203-204: „Die vorbildliche Größe und
Schlichtheit, Festigkeit und innere Schönheit aber, die unsere Burgbauten
zeigen, kann der deutschen Kunst aller Zeiten nur zur Gesundung helfen, wenn
sie zu solchen Quellen ihrer Kraft zurückkehrt. Gerade heute [...] sprechen
diese Gewaltbauten eine besonders vernehmliche Sprache. Sie sagen uns: Nur die
Kraft kann alle Schicksalsstürme überdauern, wie die Mauern von 10.000
deutschen Burgen selbst als Ruinen die Stürme der Jahrhunderte“ (203).
Ebhardts Vorstellungen
stimmten mit denen des „Alldeutschen Bundes“ überein; Rainer Hering,
Konstruierte Nation. Der Alldeutsche Verband 1890 bis 1939, Hamburg 2003, zum
Mittelalter und Burgen vgl. 80-81, und die „Wehrschatz-Marken“, 119, Abb.
[4] Vorarbeiten der Arbeit flossen in den Katalog der
Ausstellung aus Anlass des 100-jährigen Bestehens der Burgenvereinigung ein;
Burgenromantik und Burgenrestaurierung um 1900. Der Architekt und
Burgenforscher Bodo Ebhardt in seiner Zeit, hg. von Barabara Schock-Werner,
Busso von Dollen, Braubach 1999.
[5] Zur szientistischen Methode Ebhardts vgl. 209-211,
sowie 10, 12, 15, 31, 34-35. In seiner Denkschrift zur Hohkönigsburg
formulierte Ebhardt 1900: „Durch strenge Vergleiche innerhalb eines umfassenden
Baugebietes, durch sorgfältige Beobachtung des einzelnen und durch eingehende
Urkundenforschung ist eine Grundlage zu schaffen, auf der das alte Bild bis ins
einzelne genau wiederherzustellen ist“ (36); zu Analogieschlüssen vgl. 45, 77;
zu Fehlinterpretationen vgl. 76-77.
[6] Leitende Bauideen werden vorwiegend direkt aus den
Bauunterlagen erschlossen, da aus den meist oberflächlichen Schriften Ebhardts
nur selten deutliche Stellungnahmen zu destillieren sind; S. 21.
[7] Edeltraud Klueting (Hrsg.): Antimodernismus und
Reform. Beiträge zur Geschichte der deutschen Heimatbewegung. Darmstadt 1991.
Vgl. in dem Sammelband besonders Britta Ringbeck: Architektur und Städtebau
unter dem Einfluss der Heimatschutzbewegung, S. 216-287, besonders S. 218-219.
Die Wahl des Titels „Burgwart“ für die seit 1899 erscheinende Zeitschrift der
Burgenvereinigung mit Anklang an den seit 1887 erscheinenden „Kunstwart“ deutet
ebenfalls auf diese Beziehung hin. Die Verwandtschaft der Haltung Ebhardts zum
Heimatschutz vermerkt Fischer (44). Mit Bezug auf Robert Hiecke und Rudolf
Esterer ergibt sich der Übergang zur nationalsozialistischen Indienstnahme
(192, 207).
[8] Schultze-Naumburg war mit dem Dichter Börries
Freiherr von Münchhausen befreundet, der auch unter den „Freunden“ Ebhardts
auftaucht (180).
[9] Stephan Sensen: Duell – der Streit um den
Wiederaufbau der Burg Altena, in: Wir sind Preußen. Die preußischen Kerngebiete
in Nordrhein-Westfalen 1609-2009, hg. von S. Sensen, Eckhard Trox, u.a., Essen
2009, S. 157-194
[10] Sensen (wie Anm. 9), 168.
[11] Vgl. die Stellungnahme Georg Dehios, Sensen (wie
Anm. 9), 182.
[12] Frans Emil Brandstäter: Der Altenaer Burgenbau. In:
Jahrbuch des Vereins für Orts- und Heimatkunde in der Grafschaft Mark, Bd. 20
1905-06 (1907), S. 54-71, besonders S. 64, zitiert nach Werner Marks, Die
Sammlung Thomée. Geschichte und Kunstwerke, Diss. TU Berlin 2007, Bd. 1, S.
219, Anm. 354.
[13] Gisela Weiß, Sinnstiftung in der Provinz.
Westfälische Museen im Kaiserreich, Paderborn/München/Wien/Zürich 2005, S.
349-353, besonders S. 350; vgl. Werner Marks, Die Sammlung Thomée. Geschichte
und Kunstwerke, Diss. TU Berlin 2007. Zu Thomée als Sammler für den Verein vgl.
auch Marks (wie Anm. 13), S. 219-220.
[14] Zu Burg Kreuzenstein bei Wien vgl. 185; zur
„Herstellung eines Museums wie es echter nicht gedacht werden kann“ auf der
Hohkönigsburg vgl. 236; zu der von Ebhardt ausgebauten Burg Heimhof vgl. 145.
[15] Sven Kuhrau, Der Kunstsammler im Kaiserreich. Kunst und Repräsentation in der Berliner Privatsammlerkultur, Kiel 2005, 271-272 et passim. Von Dirksen, 1906-08 Ebhardts Auftraggeber für den Ausbau von Burg Grodziec (Gröditzberg) (66-73), und John von Haniel, für den Ebhard 1904-1906 Landonvillers ausbaute (49-53), waren Mitglieder des Reichstages bzw. des Preußischen Abgeordnetenhauses für die Freikonservativen Partei (bzw. Reichspartei). Fürst Christian Krafft zu Hohenlohe, für den Ebhardt ab 1906 Neuenstein ausbaute (74-78), war langjähriges Reichtagsmitglied für die den Freikonservativen nahestehende Deutschkonservative Partei. Vgl. Kuhrau 104-104, 112-119 et passim, zur „Elitekultur“ der Berliner Sammler, die gut mit dem Interesse an „Gewaltbauten“ zusammenstimmt.